Umsatzsteuer

Konsignationslager in der Europäischen Union: Hinweise zur umsatzsteuerlichen Behandlung

Ein Konsignationslager ist ein Warenlager, das ein Unternehmer bei einem Abnehmer unterhält und aus dem der Abnehmer bei Bedarf Waren entnehmen kann. Insbesondere in der Automobilbranche, aber auch in vielen anderen Branchen werden häufig solche Konsignationslager unterhalten. Der (Zu)lieferer (Konsignant) bleibt zunächst jedoch noch Eigentümer der Ware. Sie bleibt in seinem bi­lanziellen Bestand. Erst mit Entnahme der Ware aus dem Lagerbestand geht die Verfügungsmacht beziehungsweise das Eigentum auf den Kunden (Konsignatar) über. Im internationalen Kontext kann das Lager auch für einen Vertragspartner im Ausland unterhalten werden, aus dem dieser die Waren im Ausland verkauft. Diese unter den Wirtschaftsbeteiligten gängige Praxis birgt für die steuerliche Abwicklung Fallstricke.

Konsignationslager von EU-Ausländern in Deutschland

Aufgrund der üblichen vertraglichen Regelungen findet der Übergang der Verfügungsmacht bezie­hungsweise des Eigentums der im Konsignationslager befindlichen Ware erst mit deren Entnahme durch den Kunden statt. Für die umsatzsteuerliche Beurteilung bedeutet dies, dass folgende Vor­gänge auseinander zu halten sind:
  1. Verbringung der Ware vom Zulieferer zu seiner eigenen Verfügung auf das Konsignationslager
  2. Lieferung der Ware vom Zulieferer an den Kunden zum Zeitpunkt der Entnahme
An dieser zweigeteilten Sichtweise orientiert sich die Besteuerung.
(1) Dies heißt, dass zunächst die Verbringung der Teile durch den Zulieferer vom EU-Ausland auf das Konsignationslager in Deutschland zur eigenen Verfügung zu betrachten ist. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte „dauerhafte“ Verbringung der Ware vom EU-Ausländer nach Deutschland. Diese stellt einen im EU-Ausland steuerbaren, aber steuerfreien Umsatz dar.
(2) Zugleich bewirkt der Zulieferer beim Verbringen der Teile auf das Konsignationslager einen in Deutschland steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1a Absatz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG)). Folge dessen ist, dass sich der im Ausland ansässige Unternehmer beim zuständigen Fi­nanzamt in Deutschland umsatzsteuerlich registrieren lassen muss. Er muss in Deutschland Umsatz­steuervoranmeldungen und -erklärungen abgeben. Der jeweilige Warenbezug „von sich selbst“ ist als innergemeinschaftlicher Erwerb anzumelden und zu erklären.
(3) Bei der Entnahme der Zulieferteile durch das deutsche Unternehmen vom Lager bewirkt das aus­ländische Unternehmen jeweils steuerpflichtige Inlandslieferungen an seinen deutschen Kunden. Das heißt, das ausländische Unternehmen muss hierüber Rechnungen mit deutscher Umsatzsteuer an den deutschen Kunden stellen.

Konsignationslager von deutschen Unternehmen im EU-Ausland

Entsprechendes gilt vom Grundsatz, wenn ein deutsches Unternehmen im EU-Ausland ein Konsigna­tionslager unterhält.
(1) Grundsätzlich stellt der Transport der Ware vom deutschen (Zu)lieferer in den anderen EU-Mit­gliedstaat ein innergemeinschaftliches Verbringen „an sich selbst“ dar, das in Deutschland steuerbar ist (§ 3 Absatz 1a UStG). In entsprechender Anwendung der Regelungen zu den innergemeinschaft­lich steuerfreien Lieferungen ist dieser Vorgang jedoch steuerbefreit, wenn die Voraussetzungen buch- und belegmäßig nachgewiesen werden (§ 6a Absatz 2 UStG).
Der Buchnachweis der Steuerfreiheit der Verbringung ist durch folgende Aufzeichnungen zu erbrin­gen:
  • Handelsübliche Bezeichnung und Menge des verbrachten Gegenstands
  • Anschrift und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Konsignationslagers
  • Tag des Verbringens
  • Bemessungsgrundlage (entspricht Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises die Selbstkosten je­weils zum Zeitpunkt des Verbringens)
Für den Belegnachweis gelten dieselben Anforderungen wie bei innergemeinschaftlichen Lieferungen. Die Hinweise hierzu finden Sie in der ausführlichen IHK-Information „Nachweis der Steuerfreiheit in­nergemeinschaftlicher Lieferungen“.
Weiter ist zu beachten, dass es zwar keine Verpflichtung zur Ausstellung von Rechnungen nach §§ 14 und 14a UStG für die unternehmensinterne Warenverbringung auf das Konsignationslager gibt. Gleichwohl verlangt die Finanzverwaltung in Abschnitt 14a.1. Absatz 3 des amtlichen UStAE einen „Belegaustausch“ mit Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des in- wie ausländischen Unternehmensteils, Aufführung der verbrachten Gegenstände und Angabe der Bemessungsgrundlage (sogenannte pro-forma-Rechnung).
(2) Im Empfangsland, in dem das Lager unterhalten wird, muss der (Zu)lieferer die Erwerbsbesteue­rung durchführen.
(3) In dem Zeitpunkt, in dem die Ware vom Kunden aus dem Lager entnommen wird, liegt eine im entsprechenden Mitgliedstaat steuerbare Inlandslieferung vor, die mit der nationalen Steuer dieses Staates abgerechnet werden muss. Zu diesem Zweck ebenso wie zur Durchführung der Erwerbsbe­steuerung muss sich der deutsche Unternehmer umsatzsteuerlich im Ausland registrieren lassen. Das Registrierungsverfahren richtet sich nach dem jeweiligen nationalen ausländischen Verfahrensrecht.

Ausnahme: Vereinfachungsregelung für Konsignationslager

Abweichend von den vorstehenden Ausführungen haben die Finanzbehörden verschiedener EU-Mitgliedstaaten aus Vereinfachungsgründen zugelassen, dass die steuerliche Erfassung des Betreibers eines Konsignationslagers vermieden wird. Steuertechnisch geschieht dies dadurch, dass an Stelle der Erwerbsbesteuerung durch den (Zu)lieferer eine innergemeinschaftliche Lieferung auf den Zeitpunkt der Entnahme der Ware aus dem Konsignationslager fingiert wird und die Erwerbsbesteuerung durch den im Empfangsland ansässigen Kunden vorgenommen wird. Die Mitgliedstaaten, die eine solche Vereinfachungsregelung vorsehen, erteilen konsequenter Weise für das Unterhalten eines Konsigna­tionslagers keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, da diese nach ihrer Sicht nicht erforderlich ist.
Die einzelnen EU-Staaten können diese Vereinfachungsregel dabei unterschiedlich ausgestalten und an verschiedene Bedingungen knüpfen. Es ist daher wichtig, mit den entsprechenden Länderexperten zu sprechen.

Länder, in denen nach derzeitigem Kenntnisstand Vereinfachungsregelungen für Konsignationslager bestehen, sind:

  • Belgien
  • Estland
  • Finnland
  • Frankreich
  • Großbritannien
  • Irland
  • Italien
  • Kroatien
  • Lettland
  • Litauen
  • Niederlande
  • Österreich
  • Polen
  • Rumänien
  • Slowakische Republik
  • Slowenien
  • Tschechische Republik
  • Ungarn
  • Zypern

Keine Vereinfachung:

  • Bulgarien
  • Dänemark
  • Griechenland
  • Luxemburg
  • Malta
  • Portugal
  • Schweden
  • Spanien
(Die Angaben sind ohne Gewähr! Quelle: verschiedene, u.a. www.vatdesk.eu)

Wichtig auch: Die Anwendung der Vereinfachungsregelung ist häufig an bestimmte verfahrensrecht­liche Voraussetzungen gebunden. Soll von der Vereinfachung Gebrauch gemacht werden, ist es un­abdingbar, diese vor Ort genau zu klären. Eine erste Anlaufstelle hierfür kann die jeweilige Auslands­handelskammer vor Ort sein.
Stand: März 2024
Hinweis: Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK Köln - nur erste Hinweise geben und erhebt kei­nen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.

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