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Internationale Schiedsgerichte - Streiterledigung im internationalen Geschäft

Die Festlegung von geltendem Recht und Gerichtsstand ist für alle Parteien in internationalen Verträgen ein besonders sensibler Punkt. Eine weltweit verbreitete Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit ist die Vereinbarung eines Schiedsgerichts.

1. Allgemeines

Wenn Sie Verträge mit Partnern im Ausland schließen, sollten Sie sich auch mit der Frage auseinandersetzen, welche Gerichte im Streitfall berufen sein sollen. Denn nicht immer ist es sinnvoll auf einen ausschließlichen Gerichtsstand an Ihrem Unternehmenssitz zu bestehen. In vielen Ländern sind Urteile deutscher Gerichte weder anerkannt noch vollstreckbar und manche Länder erkennen vereinbarte Zuständigkeiten zugunsten ausländischer staatlicher Gerichte überhaupt nicht oder zumindest nicht als ausschließlich an. Sie sollten also im Vorfeld des Vertragsschlusses prüfen (lassen), ob nicht die Vereinbarung eines Schiedsgerichts in Betracht kommt.
Im internationalen Bereich ist das Fundament der Schiedsgerichtsbarkeit die New Yorker Konvention von 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedsgerichtsurteilen (UN-Übereinkommen).
Das UN-Übereinkommen, dem praktisch alle Industrienationen sowie alle wichtigen Schwellen- und Entwicklungsländer beigetreten sind, legt die Minimalstandards fest, denen Schiedssprüche genügen müssen, um international vollstreckbar zu sein.
Anstelle einer Gerichtsstandsvereinbarung können die Parteien im Vertrag eine Schiedsvereinbarung treffen. Damit wird die Zuständigkeit staatlicher Gerichte ausgeschlossen. Es finden die Regeln des vereinbarten Schiedsgerichts Anwendung.
Ein in Übereinstimmung mit der New Yorker Konvention von den Schiedsrichtern und Schiedsrichterinnen gefälltes Urteil ist international anerkannt und wird in den Mitgliedstaaten in einem schnellen Verfahren vollstreckt. Deshalb stellt heute die Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Handel die bevorzugte Streiterledigungsmethode dar.
Bitte beachten Sie:
Nur die Unterzeichnerstaaten der „New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche" erkennen ausländische Schiedsgerichtsurteile an und ermöglichen deren Durchsetzung. Daher sollte vor Vertragsabschluss geprüft werden, ob der Vertragspartner seinen Sitz bzw. Vermögen in einem Unterzeichnerstaat hat.

2. Vor- und Nachteile von Schiedsgerichten

Schiedsgerichte bieten eine Reihe von Vorzügen, die nachfolgend kurz dargestellt werden sollen.

2.1. Vorteile

  • Flexibilität des Verfahrens: Verfahrenssprache, Verfahrensablauf und Verfahrensort können von den Parteien selbst festgelegt werden.
  • Sachverstand des Schiedsgerichts: Da die Parteien ihre Schiedsrichter wählen, können auch Fachleute, die sich in der konkreten Sache besonders gut auskennen, wie etwa Ingenieure oder andere Sachverständige, benannt werden.
  • In der Regel: Geringere Verfahrensdauer bei nur einer Instanz.
  • Nichtöffentlichkeit des Verfahrens und Möglichkeit der Vereinbarung der Geheimhaltung.
  • Aufgrund des New Yorker UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche kann eine Vollstreckung oftmals leichter, schneller und billiger erfolgen als bei Urteilen staatlicher Gerichte.

2.2. Nachteile

  • Schiedsverfahren lohnen in aller Regel nur bei hohen Streitwerten.
  • Die Verfahren können bei niedrigen Streitwerten im Vergleich zu staatlichen Verfahren relativ teuer sein.
  • Der Kläger ist auf die Kooperation des Beklagten angewiesen, da es weniger Zwangsmaßnahmen, wie etwa ein Versäumnisurteil gibt.

3. Schiedsklausel

Die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts kann nur durch eine entsprechende schriftliche Vereinbarung der Parteien begründet werden. Die Vereinbarung einer wirksamen Schiedsklausel stellt dabei das größte Problem für die Partner des Vertrages dar. Deshalb bieten alle international anerkannten Schiedsinstitutionen Musterklauseln in verschiedenen Sprachen an, die Sie mit einigen Ergänzungen übernehmen können.

Eine wirksame Schiedsklausel könnte beispielsweise wie folgt lauten:

„Alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag sind unter Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch ein Schiedsgericht nach der... (Verfahrensordnung benennen) der – (Schiedsinstitution einfügen) endgültig zu entscheiden.
Um Verzögerungen für die Durchführung des Verfahrens zu vermeiden, können die Parteien neben dem Schiedsgericht in der Klausel auch die Anzahl der Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen, den Ort der Verhandlung und die Verhandlungssprache(n) vereinbaren:
„Das Schiedsgericht soll aus ... (einem oder drei) Schiedsrichter(n) bestehen. Der Sitz des Schiedsverfahrens ist ... (Ort des Verfahrens). Die Sprache des Schiedsverfahrens ist ... (gewünschte Sprache/n einfügen).”
Bei der Bestimmung der Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen kann auch deren Qualifikation vereinbart werden. Dies könnte etwa wie folgt lauten:
„Der Schiedsrichter/Vorsitzende muss ein – bei – (Nationalität) Gerichten zugelassener Rechtsanwalt/ – sein, der die Schiedssprache beherrscht.”
Ergänzend kann und sollte meist auch eine Klausel zur Rechtswahl eingefügt werden: „Es ist materielles ... Recht anzuwenden.”
Bitte beachten Sie bei internationalen Kaufverträgen:
Bei der Vereinbarung einer nationalen Rechtsordnung ist daran zu denken, dass das UN-Kaufrecht Teil vieler nationaler Rechtsordnungen ist, so auch der deutschen. Soll UN-Kaufrecht ausgeschlossen werden, muss dies ausdrücklich passieren. In aller Regel ist es aber nicht sinnvoll dies zu tun. Besser ist es, wenn Sie die Regelungen des UN-Kaufrechts auf Ihre konkreten Bedürfnisse anpassen.

4. Vollstreckung des Schiedsspruchs

In vielen Fällen bedarf es keiner Zwangsvollstreckung des Schiedsurteils, da dieses von den Vertragsparteien eher akzeptiert wird als Urteile eines staatlichen Gerichts. Grund dafür ist, dass ein Teil der Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen selbst bestimmt und aufgrund der speziellen Fachkenntnis ausgesucht wurde.
Sollte dennoch einmal die zwangsweise Durchsetzung des ergangenen Urteils erfolgen müssen, regelt das UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche das Verfahren hierzu. Jeder Schiedsspruch bedarf der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung in dem Staat, in dem es zur Vollstreckung kommen soll.
Sollte dennoch einmal die zwangsweise Durchsetzung des ergangenen Urteils erfolgen müssen, regelt das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche die direkte Vollstreckbarkeit. In den fast 160 Mitgliedsstaaten, die dem Abkommen beigetreten sind (darunter befinden sich praktisch alle wichtigen Handelspartner Deutschlands), ist die Vollstreckung von Schiedssprüchen in einem schnellen und – insbesondere im Vergleich zur Vollstreckung von Urteilen ordentlicher staatlicher Gerichte – unkomplizierten Verfahren möglich. Die Anerkennung erfolgt dabei ohne eigenes Verfahren, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Hingegen durchläuft die Vollstreckbarerklärung ein gesondertes Verfahren vor dem im Vollstreckungsland zuständigen Gericht. Einzelheiten zum Antrag, den vorzulegenden Unterlagen und zu möglichen Ablehnungsgründen sind im Abkommen geregelt.

5. Einzelne Schiedsverfahren

In aller Regel werden die Parteien eines Vertrags vereinbaren, dass eventuelle Streitigkeiten von einem Schiedsgericht entschieden werden, das dauerhaft von einer Institution unterhalten wird. Sogenannte Ad-hoc-Schiedsgerichte sind eher selten, da die Parteien in diesem Fall das Verfahren vollständig selbst festlegen und administrieren müssen.
Die Mehrheit der Verfahren findet daher vor institutionellen Schiedsgerichten statt, die eigene Verfahrens- und Honorarordnungen besitzen und durch die meist große Zahl an Verfahren über einen reichen Erfahrungsschatz verfügen. Alle institutionellen Schiedsgerichte halten für die von ihnen verwalteten Schiedsverfahren Schiedsordnungen in meist mehreren Sprachen bereit. Darin sind die Einzelheiten des Verfahrens festgelegt. Auf den Websites aller Institutionen findet man darüber hinaus Musterklauseln und weiterführende Hinweise zum Ablauf des Verfahrens.
Die wohl bekannteste und weltweit führende Schiedsgerichtsinstitution ist der Internationale Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer (ICC) in Paris. Oft angerufen wird auch die Swiss Chambers Arbitration Institution (SIAC), das Hong Kong International Arbitration Centre (HKIAC) und der London Court of International Arbitration (LCIA).
Daneben gibt es aber eine Reihe weiterer international anerkannter Schiedsinstitutionen, die nachfolgend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – aufgeführt werden:
Die Wahl der Schiedsinstitution hängt häufig auch davon ab, in welchem Rechtskreis die Vertragspartner zu Hause sind.

6. Das Schiedsgerichtsverfahren als Videokonferenz

Im Hinblick auf geringere Postlaufzeiten, Reisezeit und Kosten kommt in letzter Zeit vermehrt die Frage auf, ob Schiedsverfahren grundsätzlich auch als Videokonferenz durchführbar sind.
Schiedsverfahren sind deutlich mehr durch die Privatautonomie der Parteien geprägt als staatliche Gerichtsverfahren. Deswegen ist es denkbar, das Verfahren vollständig digital abzuwickeln. Gängige internationale Schiedsinstitutionen wie ICC, LCIA, HKIAC, SIAC, SIDRC oder AAA bieten schon seit längerer Zeit virtuelle Kommunikationsformen an. Im März 2020 veröffentlichten “Seoul Protocol on Video Conferencing in International Arbitration” hat ein Zusammenschluss von international tätigen Schiedsrichtern und Schiedsrichterinnen gemeinhin anerkannte Durchführungsmethoden und technische Mindeststandards für den Einsatz digitaler Techniken formuliert.
Doch die Digitalisierung hat ihre Grenzen. Zwingende Leitplanken sind die grundsätzlich in allen internationalen Schiedsgerichtsordnungen verankerten Prinzipien des rechtlichen Gehörs und der Gleichbehandlung aller Partien. So muss zum Beispiel garantiert werden, dass keine Partei mit unverhältnismäßigem technischem Aufwand belastet wird, dass Zeugen neutral befragt werden und dass plädierende Anwälte Augenkontakt zu den Richtern und Richterinnen haben können und jederzeit leicht verständlich sind.
Im Hinblick auf ein konkretes Verfahren spielt vorrangig die zwischen den Parteien vereinbarte Schiedsgerichtsvereinbarung eine entscheidende Rolle. Die Durchführung des Verfahrens als Videokonferenz kommt nur dann in Betracht, wenn kein ausdrücklicher Ausschluss vereinbart wurde oder sich bei Auslegung des Vertrages kein solcher Ausschluss ergibt. Umstritten ist derzeit noch, ob für eine virtuelle mündliche Verhandlung immer die ausdrückliche Zustimmung aller Parteien erforderlich ist oder ob eine solche Zustimmung auch einseitig (möglicherweise gegen den Willen einer Partei) vom Schiedsgericht angeordnet werden kann. Schiedsgerichte werden sich derzeit insofern bemühen, eine einvernehmliche Vorgehensweise mit den Parteien abzustimmen.