Insolvenzrecht wird wegen des Coronavirus temporär geändert
Die wichtigsten Informationen zum COVID-19-Insolvenz-Aussetzungsgesetz (COVInsAG)
Update: Vom 1. Januar 2021 bis Ende April 2021 ist die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags für die Geschäftsleiter solcher Unternehmen ausgesetzt, die im Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 28. Februar 2021 einen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben. War eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen innerhalb des Zeitraums nicht möglich, gilt dies auch für Unternehmen, die nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms in den Kreis der Antragsberechtigten fallen. Diese Regelungen gelten aber nicht, wenn offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht oder die Hilfeleistung die Insolvenzreife nicht beseitigen kann.
ACHTUNG: Aussetzung der Antragspflicht bei Überschuldung bis zum 31. Januar 2021 verlängert.
Das Covid-19-Insolvenz-Aussetzungsgesetz (COVInsAG) wurde am 25. März 2020 durch den Bundestag einstimmig angenommen, der Bundesrat hat am 27. März 2020 zugestimmt.
Die Änderungen im Insolvenzrecht traten mit (Rück-)Wirkung vom 1. März 2020 in Kraft und enden mit Ablauf des 31. März 2021.
Ziel des Gesetzes ist, die Fortführung von Unternehmen zu ermöglichen und zu erleichtern, die infolge der COVID-19-Pandemie insolvent geworden sind oder wirtschaftliche Schwierigkeiten haben. Es soll vermieden werden, dass ein Unternehmen allein deshalb einen Insolvenzantrag stellen muss, weil ein Antrag auf öffentliche Hilfen im Rahmen der Corona-Pandemie noch nicht bearbeitet wurde oder Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen noch nicht zum Erfolg geführt haben.
Die Verlängerung der Aussetzung der Antragspflicht bis zum 31. Januar 2021 gilt jedoch nur für Unternehmen, die infolge der COVID-19-Pandemie überschuldet sind, ohne zahlungsunfähig zu sein. Denn anders als bei zahlungsunfähigen Unternehmen bestehen bei überschuldeten Unternehmen Chancen, die Insolvenz dauerhaft abzuwenden.
Unternehmen, die zahlungsunfähig sind, können dagegen ihre fälligen Verbindlichkeiten bereits nicht mehr bezahlen. Das bedeutet, dass es diesen Unternehmen nicht in ausreichendem Maße gelungen ist, ihre Finanzlage unter Zuhilfenahme der staatlichen Hilfsangebote zu stabilisieren. Um das erforderliche Vertrauen in den Wirtschaftsverkehr zu erhalten, werden diese Unternehmen daher nicht in die Verlängerung einbezogen.
Die wichtigsten aktuellen Regelungen:
1. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020/31.01.2021 bei Corona-bedingter Zahlungsunfähigkeit (§ 1 COVInsAG)
Voraussetzungen des Aufschubs der Insolvenzantragspflicht sind:
- Die Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung des Unternehmens muss Folge der COVID-19-Pandemie sein.
- Die Aussicht für eine erfolgreiche Sanierung und Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bis zum 30. September 2020 muss gut sein. Sobald sie aussichtslos erscheint, lebt die Antragspflicht wieder auf. Bei Überschuldung läuft diese Frist bis zum 31. Januar 2021.
Beide Voraussetzungen werden widerlegbar vermutet, wenn das Unternehmen am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war.
2. Einschränkung der Geschäftsleiterhaftung für Zahlungen bei Insolvenzreife im Aussetzungszeitraum (§ 2 Absatz 1 Nr.1 COVInsAG)
Geschäftsleiter haften grundsätzlich persönlich für Auszahlungen bei Zahlungsunfähigkeit, ausgenommen sind nur Zahlungen, die der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters entsprechen. Das COVInsAG regelt davon abweichend, dass Zahlungen im ordnungsgemäßen Geschäftsgang als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar gelten und keine Haftung auslösen. Gemeint sind vor allem Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen.
3. Einschränkung der Insolvenzanfechtung für Gläubiger und Kreditgeber (§ 2 Absatz 1 Nr.4 COVInsAG)
Liegen die Voraussetzungen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vor, ist eine künftige Insolvenzanfechtung weitgehend ausgeschlossen. In einem späteren Insolvenzverfahren sind kongruente Rechtshandlungen nicht anfechtbar; es sei denn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners die Zahlungsunfähigkeit nicht beseitigen konnte. Entsprechendes gilt für Leistungen an Erfüllung statt oder erfüllungshalber, Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners, die Bestellung einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Sicherheit, wenn diese nicht werthaltiger ist sowie die Verkürzung von Zahlungszielen und die Gewährung von Zahlungserleichterungen.
4. Insolvenzanträge von Gläubigern werden für dreimonatigen Übergangszeitraum eingeschränkt (§ 3 COVInsAG).
Gläubigeranträge, die innerhalb von drei Monaten ab Inkrafttreten des Gesetzes (27. März 2020) gestellt werden, sind nur erlaubt, wenn der Insolvenzgrund bereits am 1. März 2020 vorlag. Dies muss der Gläubiger im Insolvenzantrag glaubhaft darlegen.
5. Sonstige Regelungen
Ferner enthält das COVInsAG Neuregelungen zur Einschränkung der Kreditgeberhaftung und zu Gesellschafterdarlehen (§ 2 Absatz 1 Nr.2 COVInsAG)
Der Gesetzestext ist auf den Seiten des Bundesanzeigers abrufbar.
Wichtig: Trotz der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht durch das COVInsAG hat eine Gesellschaft das Recht, einen Insolvenzantrag zu stellen (§ 15 InsO). Sie behält die Möglichkeit, das Unternehmen im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens (ggf. in Eigenverwaltung) zu sanieren.