Recht und Steuern

Gutscheine - Sachbezug oder Geldleistungen?

Die Finanzverwaltung hat sich mit Schreiben vom 15. März 2022 zur Abgrenzung zwischen Geldleistungen und Sachbezug geäußert.
Bei Gutscheinen und Geldkarten liegt seit 2022 ein Sachbezug nur vor, wenn diese ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen. Will ein Arbeitgeber ein lohnsteuerliches (Haftungs-)Risiko vermeiden, muss er daher prüfen, ob die eingesetzten Gutscheine/Geldkarten die im BMF-Schreiben vom 15. März 2022 festgelegten Voraussetzungen erfüllen.
Seit Jahresbeginn 2022 kann eine monatliche 50-Euro-Freigrenze in Anspruch genommen werden, wenn Gutscheine und Geldkarten zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (§ 8 Abs. 2 S.11 EStG). Der steuerliche Vorteil ist damit insbesondere im Rahmen von Gehaltsverzicht oder -umwandlungen ausgeschlossen.

Gesetzliche Definition seit Januar 2020

Mit der bereits seit 2020 geltenden gesetzlichen Definition wird festgeschrieben, dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sind. Das führt dazu, dass die Übergabe von Geld an den Arbeitnehmer, auch wenn dieses als zweckgebundene Leistung für einen Sachbezug hingegeben wird, steuerpflichtig ist.
Ebenso sind nachträgliche Kostenerstattungen als Barlohn vom ersten Euro an steuerpflichtig. Schädlich hinsichtlich der Anwendung der Sachbezugsfreigrenze ist es demnach beispielsweise, wenn der Arbeitgeber zweckgebundene Tankzuschüsse vergibt oder nachträglich Treibstoffkosten erstattet. Nicht mehr begünstigt sind regelmäßig auch durch den Arbeitgeber selbst erstellte Gutscheine, weil diese oftmals zu einer nachträglichen Kostenerstattung führen.

Begünstigte Tatbestände – Sachlohn

Sachbezüge in Form von Gutscheinen und Geldkarten können  bis zu einem Betrag in Höhe von 50 Euro monatlich steuerfrei gewährt werden bzw. die Pauschalversteuerung nach § 37b EStG anwendbar sein. Allerdings gilt dies nur, wenn die Sachbezüge zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn ausgereicht werden (§ 8 Abs.2 S. 11 EStG). Der steuerliche Vorteil soll damit im Rahmen eines Gehaltsverzichtes bzw. einer Gehaltsumwandlung ausgeschlossen sein. Einnahmen in Geld liegen nicht vor bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs.1 Nr.10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen (§ 8 Abs.1 Sätze 2 und 3 EStG). Liegen keine Sachzuwendungen vor, so ist von Barlohn auszugehen, welcher in der Regel individuell lohnversteuert und verbeitragt werden muss.
Nach einer Aufzählung im BMF-Schreiben vom 13. April 2021 sind Sachzuwendungen:
  • die Gewährung von Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherungsschutz bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitgeber,
  • die Gewährung von Unfallversicherungsschutz, soweit bei Abschluss einer freiwilligen Unfallversicherung durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann und die Beiträge nicht nach § 40b Abs. 3 EStG pauschal besteuert werden,
  • die Gewährung von Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstäglichen Zuschüssen zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken) nach R 8.1. Abs. 7 Nr. 4 LStR.

Verschärfte Voraussetzungen für Gutscheine ab 2022

Seit dem 1. Januar 2022 ist lohnsteuerlich bei Gutscheinen und Geldkarten nur noch dann von einem Sachbezug auszugehen, wenn sie ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen und zugleich die Kriterien des ZAG erfüllen.

Begrenzter Kreis von Akzeptanzstellen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a ZAG)

Zu den Sachbezügen gehören Gutscheine oder Geldkarten, die unabhängig von einer Betragsangabe dazu berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller / Emittent und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland zu beziehen.

Ein begrenzter Kreis von Akzeptanzstellen ist gegeben:

Für sogenannte Zahlungssysteme in begrenzten Netzen (limited network, § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a ZAG) werden nun auch die Onlineshops der jeweiligen Akzeptanzstellen mit eingeschlossen. Um die Voraussetzung eines begrenzten Kreises von Akzeptanzstellen im Inland zu erfüllen, lässt die Finanzverwaltung ferner eine Beschränkung der Einkaufs- und Dienstleistungsverbünde nach Postleitzahlbezirken zu.
Hierbei wird es nicht beanstandet, wenn der Arbeitnehmer diese selbst auswählt. Wählt der Arbeitnehmer vor Hingabe des Gutscheins oder vor Aufladung des Guthabens auf die Geldkarte aus verschiedenen Ladenketten je eine aus, so genügt dies ebenfalls dem Kriterium der Beschränkung auf einen begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen.

Beispiele:

  • bei städtischen Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden im Inland,
  • bei Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden, die sich auf eine bestimmte inländische Region erstrecken (z.B. Begrenzung auf unmittelbar räumlich angrenzender zweistelliger Postleitzahlbezirke) oder
  • aus Vereinfachungsgründen bei von einer bestimmten inländischen Ladenkette ausgegebene Kundenkarten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Geschäften im Inland oder im Internetshop dieser Ladenkette mit einheitlichem Marktauftritt (z. B. ein Symbol, eine Marke, ein Logo); die Art des Betriebs (z. B. eigene Geschäfte, im Genossenschafts- oder Konzernverbund, über Agenturen oder Franchisenehmer) ist unerheblich.
Beispiele sind: wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel, Shop-in-shop-Lösungen mit Hauskarte, Tankgutscheine oder -karten eines einzelnen Tankstellenbetreibers, von einer bestimmten Tankstellenkette (einem bestimmten Aussteller), ein vom Arbeitgeber selbst ausgestellter Gutschein (z. B. Tankgutschein, hierzu zählt auch eine Berechtigung zum Tanken), wenn die Akzeptanzstellen (z. B. Tankstelle oder Tankstellenkette) aufgrund des Akzeptanzvertrags (z. B. Rahmenvertrag) unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen, Karten eines Online-Händlers, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette (Verkauf und Versand durch den Online-Händler) berechtigen, nicht jedoch, wenn sie auch für Produkte von Fremdanbietern (z. B. Marketplace) einlösbar sind, Centergutscheine oder Kundenkarten von Shopping-Centern, Malls und Outlet-Villages, „City-Cards“, Stadtgutscheine
Hinweis: Nach den Ausführungen wären Amazon-Gutscheine nicht mehr als Sachzuwendung zu behandeln, weil hier der Gutschein auch im Marketplace eingelöst werden kann.

Limitierte Produktpalette (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b ZAG)

Bei Gutscheinen und Geldkarten (mit und ohne Betragsangabe), die berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette zu beziehen (limited range, § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b ZAG) ist nach Ansicht der Finanzverwaltung die alleinige Bezugnahme auf eine Händlerkategorie (z. B. sog. Merchant Category Code, MCC) dagegen nicht ausreichend. Sofern zu einer begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette - wenn auch in geringem Maße - Waren oder Dienstleistungen einer anderen Palette angeboten werden, sind u.a. die o.g. Regelungen zu § 2 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe a ZAG zu beachten.
Beispiele:
  • Personennah- und Fernverkehr (z. B. für Fahrberechtigungen, Zugrestaurant, Park & Ride-Parkgelegenheiten) einschließlich bestimmter Mobilitätsdienstleistungen (z. B. die Nutzung von (Elektro-)Fahrrädern, Car-Sharing, E-Scootern),
  • Kraftstoff, Ladestrom etc. („Alles, was das Auto bewegt“),
  • Fitnessleistungen (z. B. für den Besuch der Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen),
  • Streamingdienste für Film und Musik,
  • Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich Downloads,
  • Bücher, auch als Hörbücher oder Dateien, einschließlich Downloads,
  • die Behandlung der Person in Form von Hautpflege, Makeup, Frisur und dergleichen (sog. Beautykarten),
  • Bekleidung inkl. Schuhe nebst Accessoires, wie z. B. Taschen, Schmuck, Kosmetika, Düfte (sog. Waren, die der Erscheinung einer Person dienen).

Instrumente zu steuerlichen und sozialen Zwecken (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. c ZAG)

Ebenfalls fallen Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die nur berechtigen, aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen (Zweckkarte) unter die Sachzuwendungen. Auch hier kommt es auf die Anzahl der Akzeptanzstellen nicht an.

Beispiele sind:

  • Verzehrkarten in einer sozialen Einrichtung, Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten (sog. Digitale Essenmarken),
  • Behandlungskarten für ärztliche Leistungen oder Reha-Maßnahmen,
  • Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen (einschließlich betrieblicher Gesundheitsleistungen des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Nummer 34 EStG).
Ein „begünstigter" sozialer oder steuerlicher Zweck soll aber gerade nicht die Inanspruchnahme der monatlichen Sachbezugsgrenze sein, ebenso nicht die Grenze von 60 EUR für Aufmerksamkeiten anlässlich eines besonderen persönlichen Ereignisses oder die 30-Prozent-Pauschalsteuer nach § 37b EStG bei Sachzuwendungen.

Abgrenzung zur Geldleistung

Gutscheine oder Geldkarten, die nicht ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, sind nach Auffassung der Finanzverwaltung nun auch Gutscheine oder Geldkarten, die zum Erwerb von Kryptowährungen (z. B. Bitcoin, Ethereum) verwendet werden können. Stets als Geldleistung zu behandeln sind insbesondere auch Gutscheine oder Geldkarten, die gegen andere Gutscheine oder Geldkarten eingelöst werden können (z. B. Gutscheinportale), da der alleinige Bezug eines weiteren Gutscheins oder einer weiteren Geldkarte kein Bezug von Waren oder Dienstleistungen im Sinne des § 8 Absatz 1 Satz 3 EStG ist. Als Rückausnahme gilt dies wiederum aber nicht, wenn durch technische Vorkehrungen und in den zur Verwendung kommenden Vertragsvereinbarungen sichergestellt ist, dass die Einlösung nur gegen andere Gutscheine oder Geldkarten erfolgen kann, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen und die die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 ZAG erfüllen oder dem Arbeitnehmer das Guthaben erst nach Auswahl des anderen Gutscheins oder der anderen Geldkarte zur Verfügung steht (z. B. Auswahl vor Freischaltung eines Gutscheincodes oder vor Aufladung des Guthabens auf die Geldkarte).

Geldleistungen sind u.a.:

  • Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer, wenn die Zahlung des Arbeitgebers mit der Auflage verbunden ist, dass der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließt,
  • ein im Inland gültiges gesetzliches Zahlungsmittel oder Zahlungen in einer gängigen, frei konvertiblen und im Inland handelbaren ausländischen Währung; dies gilt nicht für Zahlungsmittel (z. B. Sonderprägungen),
  • eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anstelle der geschuldeten Ware oder Dienstleistung (zweckgebundene Geldleistungen und nachträgliche Kostenerstattungen)
  • Gutscheine oder Geldkarten, die § 2 Abs. 1 Nummer 10 ZAG nicht erfüllen: z. B. Geldsurrogate, wie insbesondere die Gewährung von Geldkarten oder Wertguthaben-Karten in Form von Prepaid-Kreditkarten mit überregionaler Akzeptanz ohne Einschränkungen hinsichtlich der Produktpalette, die im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können. Allein die Begrenzung der Anwendbarkeit von Gutscheinen oder Geldkarten auf das Inland ist für die Annahme eines Sachbezugs nicht ausreichend.
  • Gutscheine oder Geldkarten, die nicht ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen. Stets als Geldleistung zu behandeln sind daher insbesondere Gutscheine oder Geldkarten, die über eine Barauszahlungsfunktion verfügen, über eine eigene IBAN verfügen, für Überweisungen (z. B. PayPal) verwendet werden können, für den Erwerb von Devisen (z. B. Pfund, US-Dollar, Schweizer Franken) verwendet werden können oder e) als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.

Auslagenersatz

Geldbeträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um die Auslagen des Arbeitnehmers zu ersetzen ( Auslagenersatz ), stellen steuerfreie Zuwendungen außerhalb des Arbeitslohns dar (§ 3 Abs. 1 Nr. 50 EStG ).  Die Finanzverwaltung stellt klar, dass dies bei Sachzuwendungen auch dann gilt, wenn der Arbeitnehmer durch die Verauslagung selbst Sachbezüge erhält, aber für die Rechnung des Arbeitgebers gehandelt hat. Die Annahme von Auslagenersatz setzt nämlich voraus, dass kein eigenes Interesse des Arbeitnehmers an den Ausgaben bestanden hat. Kennzeichnend für den Auslagenersatz ist, dass der Arbeitgeber das Risiko der Ausgaben trägt.