IHKplus 12/2021

Per Tandem zur Ausbildung

Wenn eine erfahrene Person aus dem Berufsleben einen jungen, ausbildungsinteressierten Menschen unterstützt, dann wird der Weg zum Ausbildungsplatz oft einfacher. Über ein von der IHK gefördertes Mentoring-Programm finden diese Tandems zusammen.
Text: Lothar Schmitz
Fotos: Aliki Monika Panousi
Stefanie Binder und Stefanie Ziegler telefonieren regelmäßig. Oder schreiben WhatsApps. Die Videochat-App „Houseparty“ haben sie ausprobiert, und zwei persönliche Treffen gab es auch schon. Ihr Austausch hat immer wieder einen anderen Aufhänger, doch letztlich geht es den „beiden Stefanies“, wie sie sich selbst schon mal nennen, um ein zentrales Thema: Die ältere Stefanie (46) begleitet die jüngere (20) auf deren Weg zu einem Ausbildungsplatz.
Das Mentoring-Programm der Gesellschaft für berufliche Förderung in der Wirtschaft e.V. (GBFW), die bei der IHK Köln angesiedelt ist, brachte die beiden zusammen. Stefanie Binder stieß bei ihrer Suche nach einem Ehrenamt, in dem sie auch neben ihrer beruflichen Tätigkeit in der Personalentwicklung eines Bonner Gesundheitsdienstleisters mit Menschen arbeiten kann, auf das Programm. Stefanie Ziegler war nach Realschulabschluss, Fachabitur und einem Jahr Ausbildung als Erzieherin von der Agentur für Arbeit auf das Programm aufmerksam gemacht worden. Die junge Leverkusenerin hatte sich dort ausbildungsplatzsuchend gemeldet und suchte nach Unterstützung für ihr Vorhaben, sich neu zu orientieren. Seit Juli bilden die beiden nun ein sogenanntes „Tandem“ – Stefanie Binder als Mentorin, Stefanie Ziegler als Mentee.
Die GBFW zählt derzeit rund 70 aktive Mentor: innen – und würde sich freuen, wenn es noch mehr würden (s. Infokasten). Denn die Zahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 16 und 27 Jahren – das ist die Zielgruppe des Mentoring-Programms –, die Unterstützung suchen, wächst. Zum einen wirbt die GBFW aktiv in Schulen und auf Onlinekanälen für das Programm, zum anderen spricht sich der Erfolg herum. „Unsere Vermittlungsquote beträgt 80 Prozent“, sagt Saskia Pflugradt, Projektleiterin „Generation Ausbildung“ bei der GBFW und damit für das Mentoring verantwortlich. „Vier von fünf Jugendlichen finden dank der Unterstützung eine Anschlussperspektive“, ergänzt sie, „in der Regel einen Ausbildungsplatz.“
Stefanie Ziegler weiß inzwischen, dass ihr der Verwaltungsbereich liegen würde. Der Austausch mit ihrer Mentorin dreht sich deshalb einerseits um konkrete Infos zum Berufsprofil „Verwaltungsfachangestellte“ und in Frage kommende Ausbildungsstellen, andererseits um die passenden Formulierungen im Bewerbungsschreiben oder die Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch.
„Üblicherweise dauert die Zusammenarbeit als Tandem rund sechs Monate“, erklärt Pflugradt, „meist endet sie in den ersten Wochen der erfolgreich gefundenen Ausbildung.“ Inhaltlich wiederum geht es im Kern natürlich ums Bewerben.
Oft bringen die Jugendlichen aber noch keine konkreten Vorstellungen mit, dann geben die Mentor:innen auch allgemeine Orientierung über die duale Ausbildung, helfen bei Motivationsproblemen und finden gemeinsam mit dem Mentee heraus, wo die Stärken liegen und welche Berufe dazu passen könnten. Insgesamt konnten dieses Jahr bis Mitte November 46 Tandems vereinbart werden.
Jeder Fall ist anders – das macht dieses Ehrenamt so interessant und abwechslungsreich.

Saskia Pflugrad, Projektleiterin „Generation Ausbildung”

Britta Frielingsdorf und Mulham Dubel sind ebenfalls als Tandem unterwegs. Die Beauftragte für Gleichstellung beim WDR in Köln engagiert sich schon länger als Mentorin. Ihr dritter und aktueller Mentee: Mulham Dubel. Der 27-Jährige kam 2015 aus Syrien nach Deutschland, dort hatte er Journalismus studiert. Hier interessierte er sich für eine Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton. Das Jobcenter machte ihn auf das Mentoring-Programm aufmerksam.
Im April begannen die beiden ihren gemeinsamen Weg. Sie sprachen über Bewerbungsunterlagen, über Ziele und Werte, über Stärken und persönliche Überzeugungen. Und über Enttäuschungen. „Mulham bekam Absagen und war frustriert“, berichtet sie, „also ging es auch darum, ihn immer wieder neu zu motivieren.“ Und gemeinsam fanden die beiden einen Weg: Statt eines Ausbildungsplatzes bekam Dubel im August die Zusage für eine staatlich finanzierte Umschulung – zum Mediengestalter Bild und Ton.
Letztlich versteht Britta Frielingsdorf ihr ehrenamtliches Engagement als „Empowerment“ für junge Menschen. „Ich erlebe immer wieder, dass sie sich kleiner machen, als sie sind“, erzählt sie. Daran möchte sie arbeiten. „Mein Ziel ist es, dass sie an Autonomie und Selbstbestimmung dazugewinnen und ihren Weg gehen.“
Mentor:innen gesucht!

Sie sind berufstätig und haben Lust, junge Menschen zwischen 16 und 27 Jahren bei der Ausbildungsplatzsuche zu unterstützen? Dann werden Sie ehrenamtliche Mentorin/ehrenamtlicher Mentor. Gemeinsam mit einem jungen Menschen bilden Sie ein Tandem und begleiten sie oder ihn bei der Ausbildungsplatzsuche. In einem moderierten Erstgespräch lernen sich Mentor:in und Mentee kennen. Bei diesem Gespräch werden die Ziele und Schritte der Zusammenarbeit besprochen und erste Vereinbarungen festgehalten. Zuvor nehmen die angehenden Mentor:innen an einer Schulung teil. Während des ehrenamtlichen Engagements gibt es zudem die Gelegenheit für persönliche Einzelgespräche und regelmäßige Treffen, um sich mit anderen Mentor:innen auszutauschen.

Das Mentoring-Programm ist ein Angebot des Projekts Generation Ausbildung der Gesellschaft für berufliche Förderung in der Wirtschaft e.V. (GBFW). Das ist ein gemeinnütziger Verein der IHK Köln zur Durchführung von Projekten zur Förderung der Berufsbildung.

Das Projekt ist in der Region der IHK Köln tätig, lediglich der Oberbergische Kreis ist noch nicht dabei. Eine Ausweitung ist aber geplant, interessierte Mentor:innen können sich bereits gerne melden.
Saskia Pflugradt
Aus- und Weiterbildung - Ausbildungsscout